Was Marc Andreessen vom Web1 gelernt hat
Krypto Learnings von einem der erfolgreichsten Internetinvestoren überhaupt
Liebe Bankless Nation,
"Krypto... das ist wie damals das Internet"
- Marc Andreessen, a16z
Leute wie Andreessen waren in den frühen 1990er Jahren dabei - Web 0.5 - bevor es das Internet, wie wir es heute kennen, überhaupt gab. Vieles, was wir heute als selbstverständlich ansehen, war in jenen Jahren noch nicht vorstellbar oder gar selbstverständlich.
Vor 1993 war es illegal, überhaupt Geschäfte im Internet zu tätigen.
Als das Internet wuchs, teilte es sich an einem gewissen Punkt in zwei Lager: Forscher*innen und Nerds auf der einen Seite, Regierungen und Unternehmen auf der anderen.
Einen Mittelweg gab es damals nicht.
Mitte der 1990er Jahre gab es zwei Visionen vom Internet.
Die erste war die "Informationsautobahn". Diese Glaubensrichtung, die von internationalen Konzernen wie Disney und Comcast unterstützt wurde, war eine unidirektionale Kommunikation von der Institution zu den User*innen, ähnlich wie bei Web 2.0-Giganten wie Netflix: Du zahlst für den Zugang zu den Inhalten und nimmst aber nicht aktiv daran teil. Du bist hierbei Konsument*in, kein*e Schöpfer*in von Daten und/oder Inhalten.
Die andere Vision war ein offenes, stärker dezentralisiertes Internet mit Lese- und Schreibfunktionen, strukturiert mit Programmiersprachen wie Javascript und Protokollen wie HTTP und SSL-Verschlüsselung. In dieser Version waren die User*innen aktive Teilnehmer*innen an der Gestaltung des Webs und nicht nur passive Konsument*innen.
Für diesen offenen Basar musste hart gekämpft werden. Elemente wie Identität, Verschlüsselung und sogar digitaler Handel, die heute selbstverständlich sind, waren damals noch bei weitem keine Selbstverständlichkeit. Dieser Kampf fand zwischen VCs, Start-ups, Entwickler*innen, Politiker*innen und sogar Strafverfolgungsbehörden statt.
Kommt euch das bekannt vor?
(Originalartikel vom 30.05.2022: Marc Andreessen’s Lessons from Web1 von BanklessHQ)
Andreessen erinnert sich an Kongressanhörungen, bei denen seine im Entstehen begriffene Netscape-Plattform wegen ihres Beharrens auf Verschlüsselung als Sicherheitsbedrohung mit dem gleichen Schadenspotenzial wie Tomahawk-Raketen tituliert wurde.
Für Netscape und seinesgleichen war die Verschlüsselung notwendig, damit ein jeder und jede Transaktionen im Internet durchführen konnte - andernfalls wären Dinge wie Kreditkartendaten für alle User*innen online zugänglich gewesen - aber für die verkrusteten Senator*innen in DC war die Verschlüsselung ein Synonym für Schwarzmärkte, Terrorist*innen und ruchlose Aktivitäten.
Noch einmal... Kommt euch das bekannt vor?
Viele von uns sind Mitte bis Ende der neunziger Jahre online gegangen. Diejenigen, die danach kamen, waren “Digital natives”, die das Internet als gegeben ansahen. Aber in den neunziger Jahren gab es in den Gräben der Lagerkämpfe täglich existenzielle Bedrohungen. Das ist einer der Gründe, warum Andreessen und Dixon direkte Parallelen zwischen Web 1.0 und Web3 ziehen - mehr als Mobile, mehr als Web2.
Die Lektion hier: Wir nehmen vieles als selbstverständlich hin und arbeiten nicht mit einem erweiterten Blickwinkel. Jedes Mal, wenn China Kryptowährungen verbietet oder eine bestimmte Chain ein “Black Swan”-Event auslöst, ist das aus unserer überzoomten Perspektive ein Vorbote für das Ende der Welt.
Ist ist aber definitiv nicht der Fall.
Krypto ist, wie das Internet, unvermeidlich. Es gibt kein Ende oder Scheitern dieser Welt. Es gibt nur mehr Lösungen und Probleme - und die werden früher oder später auch gelöst werden.
Lösungen für Probleme oder Probleme als Lösungen?
"Die Realität dessen, was ihr heute habt, ist nicht der wahre Kampf.“
Das obige Zitat aus dieser Podcastepisode bringt so viel in nur einem Satz auf den Punkt. Manchmal sind die Lösungen, die wir schaffen, selbst ganz neue Probleme. Ein Beispiel:
Das ursprüngliche Internet sollte ein nicht-kommerzieller Raum sein. Das Ergebnis dieser Gründung war ein digitales Erlebnis ohne Kommerz, ohne Geld und damit trustless. Ein nicht-kommerzielles Internet mag zwar oberflächlich betrachtet verlockend klingen, führte aber zu erheblichen strukturellen Einschränkungen.
Das Fehlen wirtschaftlicher Anreize ist eine direkte Ursache dafür, dass dein Posteingang andauernd mit Spam gefüllt ist. Es ist kostenlos, eine E-Mail zu schicken, solange man seine Adresse hat, warum also nicht einfach jeden und jede mit Spam bombardieren? Das höchste Gebäude in San Francisco, der fast schon dystopische Salesforce-Tower, wurde auf der Grundlage dieses Fehlers in der frühen Internetlogik gebaut.
Der Mangel an wirtschaftlichen Anreizen im frühen Web ist der Grund dafür, dass Web 2.0-Unternehmen ihr Modell auf Werbung aufgebaut haben und durch Überwachung und Monopolisierung von Informationen den Wert der Interneterfahrung abschöpfen.
Man kann eine lange und sehr seltsame Linie von AUP - den "akzeptablen Nutzungsstandards" des Proto-Internets - zu "Fake News", Facebook und der Wahl von Donald Trump ziehen.
Es ist eigentlich ziemlich verrückt, dass Entscheidungen, die vor Jahrzehnten mit den besten Absichten getroffen wurden, zu völlig unvorhersehbaren Folgen führten. Aber wenn man sich mit den Anfangsstadien einer grundlegenden Technologie befasst, ist dies die Art von 5D-Schachspiel, das man in Betracht ziehen muss.
Und das meine ich folgendermaßen:
Manchmal können die neuen Probleme, die ihr geschaffen oder entdeckt habt, genutzt werden, um viel größere und bessere Lösungen zu finden. Jahrzehntelang wurden Computernetzwerke in nicht lesbarem Binärcode betrieben, um wertvolle Bytes an Speicherplatz zu sparen. In den 90er Jahren trafen die Internet-Pionier*innen von Netscape die Entscheidung, HTTP für Menschen lesbar zu machen. Dies diente dazu, die Entwicklungsbasis für ein breiteres Publikum zu öffnen. Das Internet wurde so zu einer leichter zugänglichen Erfahrung.
Es machte das Internet zu einer Plattform, auf der die Leute coole Sachen bauen konnten.
Aber diese Entscheidung verlangsamte auch die Geschwindigkeit der Internetnutzung erheblich. Die damals begrenzten Modemkapazitäten waren mit all den neuen, schweren, für den Menschen lesbaren Daten überlastet. Es war eine umstrittene Designentscheidung. Viele betrachteten sie als UX-Blasphemie.
"Das skaliert nicht!", riefen sie alle.
Kommt euch das bekannt vor???
Viel wichtiger ist jedoch, dass diese Entscheidung eine Nachfrage auslöste. Jeden Tag gingen Menschen ins Internet, waren begeistert von den Möglichkeiten, die sich ihnen boten, aber gleichzeitig auch verärgert über die langsamen Geschwindigkeiten. Dies erregte die Aufmerksamkeit der Kommunikations- und Kabelgesellschaften. Sie sahen sich veranlasst, den Breitbandausbau auf regionaler, nationaler und dann auf globaler Ebene voranzutreiben.
Kein einzelnes Internetunternehmen könnte einen derartigen globalen Infrastrukturausbau in Gang setzen, wohl aber eine massive Nachfrage nach Infrastruktur.
Andreessen behauptet, dass der Plan bei Netscape darin bestand, kurzfristig absichtlich ein Leistungsproblem zu schaffen, um die Nachfrage anzukurbeln, die langfristig eine Lösung erfordern würde, die das Wachstum in einem viel größeren Maßstab freisetzt.
Wir sprechen fast wortwörtlich über die Skalierung von Ethereum - mit dem Unterschied, dass Ethereum auf ein dezentralisiertes, globales Netzwerk von Entwickler*innen setzt, anstatt auf Kommunikationsunternehmen, um eine Lösung zu finden.
Wie Andreessen sagt: Kritiker*innen erstellen Listen und Aufzählungen von Problemen, Genies sehen in diesen Probleme Chancen. Letztlich gewinnen diejenigen, die eine optimistische Perspektive haben.
Was Web3 hat, was Web1 nicht hatte
In der Regel gilt: Dezentral ist cooler als zentral, eine disruptive Technologie ist cooler als eine unternehmerische Kooption. Die Reorganisation der weltweiten Finanzverflechtungen lässt sich nicht auf einen Schlag bewerkstelligen. Es wäre der Tod in tausend kleinen Schritten. Angleichung der Anreize bedeutet Angleichung an das Kapital. Und es ist eine sehr gute Sache, die effektivsten Kapitalgeber*innen der Welt und die erfahrensten Schöpfer*innen von Tech-Ökosystemen auf seiner Seite zu haben.
Mit VCs wie Andreessen, die gegen etablierte Institutionen und eine antiquierte Regierungspolitik gekämpft haben, haben wir die "Dorfältesten" in unserer Mitte, die uns helfen können, einen Teil der Geschichte zu navigieren, der sich stark auf eine nur wenige Jahrzehnte alte Ära reimt.
Krypto-Natives können die Utopie sehen, die sie bringen kann. Allerdings ist es eher ein “kann bringen”, kein “wird bringen”. In diesen frühen, prägenden Jahren des Web3 steht alles auf dem Spiel.
Im Web1 gab es eine Weggabelung zwischen einem zentralisierten, von oben gesteuerten Nanny-Internet und einem dezentralisierten, von Menschen betriebenen Basar-Internet. Nachdem wir mit Zähnen und Klauen gekämpft hatten, haben wir glücklicherweise den richtigen Weg gefunden.
Web3 steht vor der gleichen Weggabelung, aber dieses Mal haben wir Web1-VCs, die mit der Wette extrem erfolgreich wurden, dass die Menschheit letztendlich den richtigen Weg wählen würde. Und dieselben VCs investieren all ihre Gewinne aus Web1 in Projekte, die denselben Weg gehen, der für sie zuvor erfolgreich war - den Weg des menschlichen Erfindungsgeistes und der erlaubnisfreien Möglichkeiten.
Anstatt dem mit Skepsis zu begegnen, sieht Marc das Potenzial von so verrückten Dingen wie NFTs als ein potenzielles Vehikel, das "ein Maß an Kreativität hervorbringt, das wir nie für möglich gehalten hätten".
Während der Bärenmarkt vollständig angekommen ist und wir über unsere albernen JPEG-Käufe nachdenken 🤦, können wir uns daran erinnern, dass Kryptowährungen, obwohl sie sich schnell bewegen, immer noch ein jahrzehntelanger Prozess der schöpferischen Zerstörung von der alten Welt zur neuen sind.
Aber dieses Mal haben wir Milliarden von US-Dollar an Kapital auf unserer Seite, um das Unvermeidliche zu beschleunigen.
Einen schönen Tag euch.
- Team Bankless
P.S. Der heutige Market Monday wurde von Jem Khawaja, dem neuen Redakteur bei Bankless, verfasst. Er hatte zurvor redaktionelle Positionen bei Vice, The Guardian, ConsenSys und Gemini inne. Gefällt euch seine Arbeit? Dann lasst es ihn gerne wissen!
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