Ein Plädoyer für CC0 NFTs
Was bekommst du, wenn du Blockchains mit CC0 kombinierst? Die absolute Liberalisierung der Kunst.
Liebe Bankless Nation,
NFTs haben sich auf seltsame und ungewöhnliche Weise entwickelt, die niemand so wirklich vorhersehen konnte.
Dank der Unveränderbarkeit der Blockchain haben Künstler*innen und Urheber*innen jetzt ein zuverlässiges digitales Eigentumsrecht an ihren Werken.
Das war in einer digitalen Welt, in der man mit einem einfachen Rechtsklick alles abspeichern kann, bisher so nicht möglich.
Aber Blockchains lösen nicht zwangsläufig das Problem der Eigentumsverhältnisse im realen Leben.
Deshalb sind Unternehmen wie Yuga Labs (CryptoPunks) in der Lage, Barrikaden um ihre Marken in der realen Welt zu errichten.
Stell dir vor, du gibst 200.000 US-Dollar für ein NFT aus und dir wird dennoch untersagt, daraus reelle Gegenstände zu produzieren. 🤯
Diese Einschränkungen haben zu einer Explosion von Creative Commons 0 (“CC0”) NFTs wie Mfers, Cryptoadz und Nouns geführt, die mehr Freiheit für die Inhaber*innen fordern.
Heute nimmt Donovan die Debatte über das geistige Eigentum an CC0 NFTs unter die Lupe und liefert bullische Argumente für sie.
- RSA
Der Schriftsteller*innen-Mittwoch
Bankless Writer: Donovan Choy
(Original vom 21.04.2022: The Bull Case for CC0 NFTs von BanklessHQ)
CC0 in der Welt des Web3 verstehen
Wenn du dich in der Welt der NFTs aufhältst, hast du wahrscheinlich schon von Creative Commons 0 (“CC0”) gehört, einem Standard für geistiges Eigentum, der von einigen bekannten NFT-Projekten wie MFers, Nouns, Blitmaps oder Cryptoadz verwendet wird.
Was ist CC0, wie hängt es mit dem Web3 zusammen und ist es wirklich so relevant?
Um diese wichtigen Fragen zu klären, ist es sinnvoll, sie zunächst in die ökonomische Geschichte der Kunst einzuordnen und zu sehen, wie Blockchains ein weiterer Schritt auf dem langen Weg zur Liberalisierung künstlerischer Werke sind.
Die ökonomische Geschichte der Kunst
Historisch gesehen war Kunst ein Spielzeug der Reichen. Die höchsten Formen der Kunst waren schon immer in den Privathäusern und Museen der Wohlhabenden zu finden.
Mit dem Aufkommen visueller Technologien, wie Fotografie und Fernsehen, im 20. Jahrhundert erhielten Menschen die Möglichkeit, aus der Ferne einen Blick hinter die verschlossenen Türen der wenigen Reichen zu werfen. Dieses voyeuristische Privileg wurde durch das Internet entfesselt, indem es die Kunst in eine anarchische digitale Allgemeinheit überführte, wo sie sofort für alle zugänglich war.
Das war toll für die Konsument*innen, ging aber auf Kosten (einiger) Kunstschaffender. Wenn Kunst zum Nulltarif digital betrachtet und vervielfältigt werden kann, haben Kunstschaffende Schwierigkeiten, mit ihren Werken Geld zu verdienen. Im Wirtschaftsjargon wurde die Kunst zu einem nicht auszuschließenden und nicht konkurrenzfähigen öffentlichen Gut.
Zur Rettung der Kunstschaffenden wurde das Urheberrecht entwickelt, das die Eigentumsrechte der Kunstschaffenden schützen soll. In der Praxis ist das Urheberrecht jedoch eine juristische Maschinerie, die vor allem von großen Konzernen geschickt eingesetzt (und gestaltet) wird. Zwar können Künstler*innen andere wegen Urheberrechtsverletzungen verklagen, aber für den bzw. die durchschnittliche Künstler*in, der/die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, bleibt die Durchsetzung des eigenen Urheberrechts unerschwinglich.
Blockchain bestärkt künstlerische Schöpfer*innen
An dieser Stelle schafft die Blockchain-Technologie Abhilfe. Mit Blockchains können Künstler*innen ihre Eigentumsrechte an ihren Werken kostenfrei online geltend machen und sie gleichzeitig der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Der Wirtschaftswissenschaftler Chris Berg nennt das die neue Mäzen-Wirtschaft. Jeder kann sich die Werke ansehen, während sie gleichzeitig den Urheber*innen eine rentable Einnahmequelle bieten.
Ein öffentliche Blockchain bietet, was den Kunstmärkten fehlt: Die Einfachheit, die Authentizität des Kunstwerk zu überprüfen. Oder um es mit den Worten von Brian Frye zu sagen: Sie bietet den Inhaber*innen von NFT die "Macht", die mit der überprüfbaren Echtheit einhergeht.
Einfluss ist das flüchtige Ansehen und die Wertschätzung, die die "Öffentlichkeit" ausgewählten Personen oder Dingen zukommen lässt, was Sozialwissenschaftler*innen “Sozialkapital” nennen. Es ist auch das, was die Right-Click-Saver*innen ironischerweise erzeugen, wenn sie bei ihren Trollversuchen die Aufmerksamkeit für ein NFT-Projekt erhöhen.
Blockchains ermöglichen in der Anarchie des Internets eine Art "de facto"-Eigentum an digitalen Vermögenswerten, im Gegensatz zum doch eher abstrakten "de jure"-Möglichkeiten des Urheberrechts. Für die Verfechter*innen des geistigen Eigentums war der Aufstieg der NFTs auf Blockchains einfach ein großes "Fuck you" für das Urheberrecht.
Blockchains sind ein gewaltiger Schritt nach vorn bei der Befreiung der Eigentumsrechte von Urheber*innen.
Aber es gibt einen Vorbehalt: Dieses unveränderliche Eigentum existiert nur in der digitalen Welt. Blockchain-Eigentum kann keine Märkte in der realen Welt regeln, denn NFT-Unternehmen können immer noch die Rechte ihrer Inhaber*innen einschränken, um ihr digitales Eigentum auf einen Markt in der realen Welt auszudehnen, wie z. B. die Verwendung ihres Markenbildes auf physischen Waren oder bei Veranstaltungen.
Larva und Yuga Labs
Die Debatte um geistige Eigentumsrechte bei den Projekten CryptoPunks und BAYC verdeutlicht diesen Punkt.
Die CryptoPunks existieren als unveränderlicher digitaler Vermögenswert auf der Ethereum-Blockchain. Der ursprüngliche Schöpfer Larva Labs verbietet seinen Inhaber*innen jedoch die Erstellung von Derivaten oder die Verwendung des Markennamens, vermutlich in dem Bestreben, den eigenen Markennamen zu bewahren, um ein lukratives Geschäft mit einem Unternehmen abzuschließen. Das hat bei den Inhaber*innen für Unmut gesorgt und dazu geführt, dass einige von ihnen das Projekt aufgegeben haben.
Yuga Labs hingegen räumt den BAYC-Inhaber*innen größere kommerzielle Rechte ein, um nach Belieben Derivate zu erstellen. Aber das ist immer noch zu wenig. Zum einen sind diese Rechte nur auf BAYC-Inhaber*innen beschränkt (d.h. auf die stinkreichen Käufer*innen von überteuerten JPEGs). Außerdem dürfen die Inhaber*innen der Affenrechte nur den Markennamen und die Logos des BAYC verwenden, wie Arizona Iced Tea erfahren musste, als sie es versuchten.
Natürlich steht es den NFT-Unternehmen frei, als private Unternehmen in einem freien Markt zu tun, was sie wollen. Aber aus moralischer Sicht stehen diese Eigentumsbeschränkungen im Widerspruch zum philosophischen Ethos des Web3 und seinen Idealen des vertrauensfreien, dezentralen Eigentums.
Genauso wie unser Geld frei von der Manipulation der Zentralbanken sein sollte, sollten Kunst und Kultur ein öffentliches Gut sein, das frei von "Big Media" ist. Die Beschränkungen, die den realen Nutzen unserer On-Chain-Tokens einschränken, lassen daher noch viel zu wünschen übrig.
NFTs und CC0s
An dieser Stelle kommt CC0 ins Spiel.
Urheberrechtsgesetze gewähren künstlerischen Werken automatisch Urheberrechtsschutz, egal ob die Künstler*innen diese Rechte wollen oder nicht. Um diese Gesetze zu umgehen, hat die amerikanische Non-Profit-Organisation Creative Commons 2009 den Lizenzierungsstandard CC0 herausgegeben, der es Urheber*innen ermöglicht, ihre Werke als lizenzfreie Werke zu deklarieren.
Urheber*innen, die ihre Werke mit dem CC0-Label kennzeichnen, geben das Eigentumsrecht im rechtlichen Sinne auf und machen sie für jeden frei, um sie für kommerzielle Zwecke kreativ zu gestalten. Es verkörpert "keine Rechte vorbehalten", das Gegenteil des überflüssigen "alle Rechte vorbehalten"-Hinweises, der auf jeder Website in der Fußzeile steht.
Auch hier befreien Blockchains Urheber*innen und Verbraucher*innen, indem sie glaubhaftes Eigentum an ihren Werken ermöglichen - allerdings nur im Metaverse. Mit der CC0-Lizenz garantieren private Unternehmen den Inhaber*innen, dass ihr Eigentum auch dann noch intakt ist, wenn sie das Internet verlassen.
Es ist jedoch mehr als nur das: es ist auch ein radikales Versprechen, das letzte bisschen Kontrolle über die Märkte der realen Welt an die Massen abzugeben und eine völlig dezentralisierte Marke zu schaffen.
CC0 wird als “geistiges öffentliches Eigentum” bezeichnet - es geht über die Debatten über geistiges Eigentum um Larva und Yuga Labs hinaus. Um das geistige Eigentum eines CC0-Projekts in irgendeiner Weise zu verändern, zu nutzen oder davon zu profitieren, musst du weder der oder die Inhaber*in sein noch jemanden um Erlaubnis fragen.
Das Umgehen der amorphen Grenzen des geistigen Eigentums, die von privaten Unternehmen errichtet wurden, gehört der Vergangenheit an, denn eine CC0-Lizenz, die auf ein On-Chain-NFT angewendet wird, macht alle diese Einschränkungen zunichte.
Ja oder nein zu CC0?
Sollten NFT-Schöpfer*innen CC0 verwenden?
Die Antwort ist ganz einfach, wenn du ein/eine Philosoph*in bist. CC0 passt genau zum libertären Ethos des Web3 und bietet eine zusätzliche Ebene des realen Eigentums für unsere NFTs, die außerhalb der Reichweite der Blockchain liegt. Im Namen der Meinungs- und Informationsfreiheit vereitelt CC0 die Versuche von Unternehmen, ein öffentliches Gut abzuschotten und daraus privaten Profit zu schlagen.
Aber CC0 zu verwenden, muss nicht zwangsläufig aus moralischen Gründen geschehen - der Grund kann auch einfach darin liegen, dass es dem Eigeninteresse der Urheber*innen dient.
Die erfolgreichsten NFT-Projekte sind darauf angewiesen, eine starke Community aufzubauen. CC0-Lizenzen ermöglichen dies. Sie erleichtern es den treuesten Fans eines Projekts, den Ball ins Rollen zu bringen und einen Netzwerkeffekt zu erzeugen.
Indem sie der Öffentlichkeit erlauben, ihre bestehenden Werke frei zu entwickeln und anzupassen, können NFT-Schöpfer*innen das Engagement ihrer "100 wahren Fans" nutzen und ihrer Arbeit zu mehr Anerkennung verhelfen.
Das vielleicht beste Beispiel dafür ist das acht Monate alte CC0-NFT-Projekt Nouns, das bereits 130 abgeleitete On-Chain-Projekte (Tendenz steigend) und Merchandising-Artikel inspiriert hat, die alle dazu dienen, den Markenwert des Projekts zu stärken. Besitzen all diese Schöpfer*innen von Derivaten eine Nouns NFT? Wahrscheinlich nicht. Aber die korrekte Antwort ist auch: Niemanden interessiert das.
Bis zu einem gewissen Grad können wir das auch bei BAYC beobachten. Obwohl es nicht CC0-lizenziert ist, hat die größere Freiheit des geistigen Eigentums Mainstream-Musiker*innen (Timbaland) und große Plattenfirmen (Universal) dazu eingeladen, auf der Marke BAYC aufzubauen. Bei der Marke CryptoPunks gibt es dagegen trotz ihres erstklassigen Status keine derartigen Derivate.
Und dennoch hat BAYC das Nachsehen. In Anbetracht des Fehlens von CC0 bestehen selbst für seine wohlhabenden Inhaber*innen Geschäftsrisiken. Wie ein Autor es ausdrückt:
Bei einem Nicht-CC0-Projekt, das keine Obergrenze für die individuelle Vermarktung vorsieht, besteht für Schöpfer*innen immer noch das Risiko, dass sie keine rechtskonformen Partnerschaften mit anderen Unternehmen oder Projekten eingehen können. Und schließlich laufen Schöpfer*innen, die sich für ein Nicht-CC0-Projekt entscheiden, Gefahr, dass sich die Bedingungen für das Projekt in Zukunft ändern.
NFT-Schöpfer*innen sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass sie auf einer Web3-Infrastruktur konkurrieren, in der Kompatibilität und Interoperabilität das A und O sind.
Sollte das Metaverse seinem Hype gerecht werden, werden die Kunstwerke und Figuren, die am schnellsten und am stärksten kopiert werden, auch diejenigen sein, die am wenigsten Hindernisse zu überwinden haben. CC0-Projekte werden dann aufgrund ihres erlaubnisfreien Charakters einen deutlichen Vorteil gegenüber ihren Nicht-CC0-Kolleg*innen haben, deren Werke aufgrund rechtlicher Hindernisse in einer Multichain-Zukunft nicht vollständig interoperabel sein werden.
CC0 wirkt wie ein Multiplikatoreffekt, aber nur, wenn die Macher*innen es zulassen.
Praktische Überlegungen zu CC0
Die Überlegungen zur Verwendung von CC0 können auch einfach von der Art des NFT-Projekts und den Zielen der Schöpfer*innen abhängen. Simon de la Rouviere vertritt die Ansicht, dass CC0-Projekte eher für NFTs mit niedriger Auflösung geeignet sind, da sie einen größeren Interpretationsspielraum für Dritte bieten.
Das macht Projekte mit pixeliger Kunst wie Cryptoadz und Nouns oder Projekte, die nur aus Merkmalen bestehen, wie Loots, perfekt für die CC0-Lizenzierung. Aus demselben Grund ist CC0 wahrscheinlich am wenigsten für Projekte geeignet, die die Kontrolle über die Details haben wollen, vermutlich um eine bestimmte Geschichte über einen langen Zeitraum zu erzählen.
Bedeutet CC0 das totale Chaos?
Die Skepsis gegenüber CC0 rührt von der Befürchtung her, dass die Welt ohne ein gewisses Maß an zentraler Kontrolle durch die Urheber*innen um ein reichhaltiges, kohärentes Universum, wie das von Star Wars oder auch Harry Potter, gebracht würde (wenn das stimmen sollte, genieße das, was von Batman und Superman noch übrig ist, denn sie werden bis 2033 in die Public Domain übergehen).
Es besteht kein Zweifel, dass CC0-Projekte anfälliger für böswillige Akteur*innen sind, die versuchen, das bestehende Branding zu zerstören oder zu untergraben.
Aber es gibt drei gute Gründe, die mich davon überzeugt, dass der Schaden für die Kunst im Vergleich zu den Vorteilen sehr gering sein wird.
Erstens triumphiert die Kunst immer dort, wo viele etwas erschaffen und nicht nur wenige dieses Privileg besitzen. Comic-Universen verkörpern dieses Phänomen perfekt. Marvel und DC besitzen das grundlegende geistige Eigentum an ihren Figuren, aber sie geben regelmäßig die kreative Kontrolle und die Erlaubnis an verschiedene Autor*innen und Filmemacher*innen ab. Das ist der Grund, warum Superheld*innen und Bösewichte in verschiedenen Zeitlinien unterschiedliche Charakterisierungen und Darstellungen haben. Dank dieser Tatsache wird das Publikum immer wieder mit einem Hauch frischer Neuinterpretationen der Popkultur konfrontiert.
Zweitens unterschätzen CC0-Skeptiker*innen, dass selbst die vielfältigsten Film- oder Videospieluniversen nicht von einem einzigen kreativen Kopf in einem Vakuum entworfen werden. Die epischsten Universen sind ein Flickenteppich von Vorlagen, die ständig von früheren Künstler*innen abgekupfert werden. Star Wars ist fantastisch, aber George Lucas hat sich, wie er selbst zugab, stark an japanischen Filmemachern des 20. Jahrhunderts, wie zum Beispiel Akira Kurosowa, orientiert. Zwerge und Elfen in der modernen Popkultur werden oft dem künstlerischen Genie von J. R. R. Tolkien zugeschrieben, aber Tolkien hat sie stark an die nordische Mythologie angepasst. Sogar einige der beliebtesten Superhelden von Marvel, wie Thor und Loki, wurden auf der Grundlage von Ideen aus der Public Domain geschaffen.
Und schließlich, und das ist vielleicht am wichtigsten, ist die Blockchain-Technologie auf dem Vormarsch. Vergiss nicht, dass Kunst ohne Blockchain schnell vervielfältigt werden kann, während die Schöpfer*innen darum kämpfen, ihre Eigentumsrechte zu klären. Ein öffentlicher, dezentralisierter Ledger bringt ein wenig Ordnung in die Sache, indem es der Öffentlichkeit ermöglicht, auf organisierte, neutrale Weise zwischen Amateur-Trollen und großen Visionär*innen zu unterscheiden, ohne sich auf ein politisiertes Instrument wie das Urheberrecht verlassen zu müssen.
Autorenbiographie
Donovan Choy ist ein in Singapur ansässiger Schriftsteller und Mitautor von Liberalism Unveiled.